Der Lischka Prozess
„Mein ganzes Leben seit 1943 habe ich an Heinrichsohn gedacht.“
Odette Daltroff-Baticle
Odette Daltroff-Baticle lebte in Tourelles, Frankreich, und wurde im August 1942 im Alter von 32 Jahren in das Lager Drancy gebracht, weil sie Jüdin war. Dort blieb sie bis zum 29. Mai 1943 inhaftiert.
Im Lager war sie vor allem für die Betreuung der Kinder zuständig, die ohne ihre Eltern dort ankamen. Nach einem dreiviertel Jahr wurde sie wieder entlassen, was sie vor allem der Tatsache zu verdanken hatte, dass ihr Mann nicht jüdisch war. Er arbeitete als Tiefbauingenieur und hatte über seinen Job gute Kontakte zur Pariser Gestapostelle. So konnte die Entlassung seiner Frau erreichen. Nach dem Krieg arbeitete Odette Daltroff-Baticle neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau auch im Sozialwesen und beschäftigte sich dort vornehmlich mit Strafgefangenen.
Zum Zeitpunkt des „Lischka-Prozesses“ war Daltroff-Baticle 70 Jahre alt und lebte in Paris. In ihrer Vernehmung berichtete sie über die Zustände im Lager allgemein und vor allem über die Erfahrungen, die sie bei der Betreuung der Kinder gemacht hatte. So schilderte sie deren Ankunft in Drancy, die Schwierigkeiten, die es bei ihrer Unterbringung und Versorgung gegeben hatte und unter welchen Umständen sie schließlich deportiert wurden. Bereits 1943 hatte sie Aufzeichnungen über ihre Erlebnisse in Drancy niedergeschrieben, die aber nie veröffentlicht worden waren. Sie hatten der Staatsanwaltschaft jedoch für die Voruntersuchungen zum Kölner Prozess vorgelegen.
Ihre Aussage während des Prozesses richtete sich hauptsächlich gegen Ernst Heinrichsohn, den sie persönlich einige Male gesehen hatte, als er zu den Abtransporten ins Lager gekommen war. Sie schilderte ihn als äußerst ungeduldig und völlig ungerührt vom Schicksal der Gefangenen. Er habe viel geschrien und keinerlei Mitleid mit den Kindern gezeigt.