Der Lischka Prozess

 

LICA/LICRA

Die Ligue internationale Contre le Racisme et l’Antisémitisme (LICRA, Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus) oder früher LICA (Ligue internationale Contre l’Antisémitisme) ist eine internationale Nichtregierungsorganisation, die sich dem Kampf gegen Rassismus und Antisemitsmus verschrieben hat. Sie wurde 1927 in Frankreich gegründet, wo sie noch heute ihren Tätigkeitsschwerpunkt hat und über großen politischen Einfluss verfügt.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1927 macht die LICA die Öffentlichkeit auf den Aufstieg des Nationalsozialismus aufmerksam. Am 10. Mai 1940 startete die deutsche Invasion Frankreichs. Am 8. Juni erschien eine Artikelserie mit der Überschrift „Kämpfe bis zum Tod, um unsere Freiheiten zu retten“ in drei Kolumnen. Am 12. Juni wurde Paris zur offenen Stadt erklärt; zwei Tage später marschierte die nationalsozialistische Wehrmacht in Paris ein.

Die Räumlichkeiten des LICA in der Rue de Paradis wurden von den deutschen Truppen ihrer Archive beraubt und bis April 1941 versiegelt. Im Frühjahr 1941 wurde jüdisches Eigentum beschlagnahmt Schlägertrupps der Nationalen Volksversammlung (RNP) von Marcel Déat und die Revolutionäre Soziale Bewegung (MSR) von Eugène Deloncle besetzten die Büroräume. Die Concierge brachte „ihre Freude darüber zum Ausdruck (…), dass Franzosen anstelle von Juden diese Orte besetzen“. Aus dem bei dieser Gelegenheit erstellten Bericht geht hervor, dass „die Archive, Ordner und Akten nicht mehr existierten.“ Die ein Jahr zuvor von den Deutschen beschlagnahmten LICA-Archive wurden 1945 in Berlin von sowjetischen Truppen beschlagnahmt und wurden Anfang 2000 dem Archiv in der Shoah-Gedenkstätte in Paris übergeben.

Das LICA-Gelände in der Rue de Paradis 40 wurde im April 1941 von kollaborativen Milizen geplündert

1944 erklärte General de Gaulle per Dekret die Gültigkeit des während des Vichy-Regimes abgeschafften Loi Marchandeau, das eine antisemitische Presseberichterstattung unter Strafe gestellt hatte. Gesetzesvorlagen gegen Antisemitismus und Rassismus, die zwischen 1944 und 1972 dem französischen Parlament vorgelegt wurden, blieben erfolglos. Die Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das 1965 von den Vereinten Nationen angenommen wurde, bietet einen Rahmen, um das Rechtsarsenal gegen die Äußerung von Rassismus und Antisemitismus zu festigen.

Am 1. Juli 1972 haben Senat und Nationalversammlung einstimmig das nach dem damaligen Justizminister benannte „Pleven-Gesetz“ verabschiedet. Dieses Gesetz konstatiert einen neuen Straftatbestand: die „Provokation zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt“, geahndet mit einer Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr und einer Geldstrafe von maximal 300.000 Francs. Das „Pleven-Gesetz“ stellt auch rassistische Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Wohnen unter Strafe. Das Gesetz vom 10. Januar 1936 über (rechte) Kampfgruppen und Privatmilizen wurde erweitert und ermöglicht nun auch die Auflösung von Gruppen, die rassistischen Hass schüren. Robert Badinter, damals Anwalt von Licra, nutzte diese Bestimmung, um rechtlich gegen die unkritische Ausgabe von „Mein Kampf“ durch Nouvelles éditions latines oder gar die Veröffentlichung der „Protokolle der Weisen von Zion“ vorzugehen. Das Gesetz betrachtet bis heute Vereinigungen, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus engagieren, als wichtige zivilgesellschaftliche Instanz.    

Serge und Beate Klarsfeld wurden 1971 in das Zentralkomitee der LICA gewählt. 

Jean-Pierre Allali, Richard Séréro: Contre le racisme, les combats de la LICRA, 2002

Archiv des Shoah Memorial/CDJC. LICRA-Archive

Webseite der LICRA:  https://archives.licra.org/