Der Lischka Prozess

 

Gerecht­­igkeit,

nicht Rache!

Der Kölner Lischka Prozess 1979/80

Am 23. Oktober 1979 begann vor dem Landgericht Köln das Strafverfahren gegen Kurt Werner Lischka, Herbert-Martin Hagen und Ernst Heinrichsohn. Die drei Männer hatten während der deutschen Besatzungszeit von 1940 bis 1944 in Frankreich als Angehörige des Reichssicherheitshauptamtes die Deportationen von mehr als 76.000 französischen Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager organisiert. Proteste von Überlebenden und Nachfahren begleiteten das Prozessgeschehen. Nach nur dreißig Verhandlungstagen verurteilte das Gericht am 23. Februar 1980 die Angeklagten wegen Beihilfe zu Mord zu zwölf, zehn und sechs Jahren Haft.
Diese Onlineplattform eröffnet über verschiedene Perspektiven unterschiedliche Zugänge und Sichtweisen auf den Prozess und seine spektakuläre Vorgeschichte.

„Die NS-Prozesse vor deutschen Gerichten sind eine total hoffnungslose Angelegenheit, sogar wenn der Vorsitzende sich untadelig verhält. Es ist ebenso unmoralisch, solche Prozesse gar nicht, als wie sie aufgrund der Strafprozessordnung zu halten. In beiden Fällen kann nichts als Verzweiflung dabei herauskommen. Es ist sehr traurig, sich sagen zu müssen, dass im Grunde die einzige moralische, wenn auch nicht gerichtlich einwandfreie Justiz wäre, wenn einer der Zeugen die Angeklagten im Gerichtssaal erschießen würde. Ich hoffe, Sie nehmen mir diesen Satz nicht übel.“

Gershom Scholem (Historiker) in einem Brief an Walter Boehlich, 28. November 1979
F.F.D.J.F.

Eine Chronologie des Protests

Harry Dreifuss

Einen NS-Täter filmen

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Milieustudie Köln und Miltenberg


Zur Orientierung…

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Eine Webseite zur juristischen Aufarbeitung von NS-Verbrechen  
 
Der Lischka Prozess, der 1979/80 vor dem Landgericht Köln stattfand, war ein wichtiger Meilenstein in der juristischen Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen. Die drei Angeklagten Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn waren während des Zweiten Weltkrieges hohe Funktionäre im besetzten Frankreich. Sie waren maßgeblich an der Deportation von mehr als 75.000 Juden, darunter 11.400 Kinder, in Konzentrations- und Vernichtungslager wie Auschwitz beteiligt. Die als „Frankreich-Komplex“ bekannt gewordenen Ermittlungen gegen sie begannen 1960 mit den Anzeigen des Aktivisten Thomas Harlan. Seine Arbeit führte zu umfangreichen Ermittlungen der Zentralen Stelle in Ludwigsburg und später der Staatsanwaltschaft Köln. Trotz zehntausender gesammelter Dokumente und hunderter Verdächtiger wurden am Ende nur drei Männer angeklagt.
 
Die juristischen Herausforderungen waren enorm: Das Überleitungsabkommen von 1955 schützte ehemalige NS-Täter in Frankreich vor doppelter Strafverfolgung, viele Verfahren scheiterten an bürokratischen Hürden und personellen Kontinuitäten in der Justiz. Erst 1971 weckte die Unterzeichnung eines Zusatzabkommens mit Frankreich die Hoffnung, dass Täter wie Lischka in Deutschland vor Gericht gestellt werden konnten 
 
Entscheidend für diese Entwicklung war das Engagement des Ehepaars Beate und Serge Klarsfeld und der Fils et Filles déportés juifs de France. Sie machten die Öffentlichkeit auf Lischka aufmerksam, unter anderem durch einen spektakulären, aber gescheiterten Entführungsversuch 1971 in Köln. Sie besuchten auch den unterfränkischen Ort Bürgstadt, wo Heinrichsohn Bürgermeister war. Das Engagement und die Recherchen von Serge und Beate Klarsfeld trugen wesentlich zur Eröffnung des Verfahrens bei. Durch die Ratifizierung des Zusatzabkommens zum Überleitungsvertrag 1975, das sogenannte „Lex Klarsfeld“, war der Weg frei für neue Prozesse gegen ehemalige NS-Täter in Frankreich. 
 
Im Lischka-Prozess 1979/80 standen sich zwei Sichtweisen gegenüber: Während die Nebenklagevertreter argumentierten, die Angeklagten hätten wissentlich und bewusst an der Vernichtung der Juden mitgewirkt., forderten  die Verteidiger der Angeklagten Freisprüche, verwiesen auf Unwissenheit und den bürokratischen Charakter der Taten ihrer Mandanten.
 
Das Urteil und insbesondere die Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden Richter Dr. Werner Faßbender symbolisierten, dass eine Reflexion über die Verantwortung für die nationalsozialistischen Verbrechen begonnen hatte. Der Prozess zeigte aber auch die Grenzen der Justiz auf, denn viele Täter aus dem sogenannten „Frankreich-Komplex“ wurden nie vor Gericht gestellt. Der Prozess veränderte die öffentliche Meinung. Das Engagement von Aktivisten wie den Klarsfelds wurde weltweit anerkannt.
 
Vgl. u.a.: Wüller, Heike (2015) Historisches Fenster Februar / März 2015: 11. Februar 1980, Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn werden vom Landgericht Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, S. 1-2, in: FHöV NRW, Homepage, https://www.fhoev.nrw.de/s
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